Internationaler Markt
Die Ölpreise erholten sich gestern und liegen heute am frühen Morgen um die 93 Dollar je Barrel. China und die USA stehen derzeit im Fokus der Ölhändler.
Auch gestern stoppten die chinesischen Behörden die Veröffentlichung aktueller Konjunkturdaten. Der Grund liegt auf der Hand. Vor dem Hintergrund des Parteitages der KP China traut sich kein Beamter, mit möglicherweise enttäuschenden Zahlen den Zorn des allmächtigen Parteivorsitzenden Xi Jinping auf sich zu ziehen. Schon aus nichtigeren Anlässen sind seine Untertanen plötzlich verschwunden oder zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt worden.
Irgendwann werden die Zahlen zur Verfügung stehen, doch dann haben sie jede Glaubwürdigkeit verloren. Bis dahin gibt der ungewöhnliche Vorfall Raum für Spekulationen, dass die chinesische Wirtschaft möglicherweise erheblich schwächer dasteht als bislang vermutet. Eine Arbeitslosenquote unter jungen Menschen von 20 Prozent, die tiefe Krise im Immobiliensektor und die zahllosen Lockdowns und Handelskonflikte sind bereits bekannte negative Indikatoren.
Auch die zweite Supermacht, also die USA, hat ihre Probleme. Dort sind sie allerdings umgekehrt. Eine überschäumende Konjunktur, der Mangel an Arbeitskräften und hohe Energiepreise lassen dort die Inflationsraten nach oben schießen. Daher steigen jetzt die Zinsen der Zentralbanken im Rekordtempo.
Zumindest an der Tankstelle will Präsident Biden den Preisanstieg durch die Freigabe nationaler Ölreserven stoppen. Das hat mit dazu beigetragen, dass Brent-Rohöl in den letzten Monaten zumeist unter 100 Dollar je Barrel blieb.
Gestern teilte die US-Regierung mit, dass im Dezember insgesamt 15 Mio. Barrel freigegeben werden sollen. Sie stellen die letzte Tranche der 180 Mio. Barrel dar, die seit dem Frühjahr auf den Markt strömen. Das war jedoch schon eingepreist. Weitere Freigaben sind bislang nicht geplant. Die nationalen Ölreserven haben jetzt noch einen Umfang von 405 Mio. Barrel. Das ist immer noch relativ viel, denn die USA können sich weitgehend selbst mit Öl versorgen.
Zusammen mit dem eher bullischen Wochenbericht des amerikanischen Energieministeriums (DOE) erzeugte das genug Schub, um den Fall der Ölpreise zu stoppen. Die Zahlen des DOE zeigten nur geringe Veränderungen bei den gewerblichen Lagerbeständen und einen Anstieg der Ölnachfrage. Viele Beobachter hatten mit höheren Lagerbeständen gerechnet.
Hier die Zahlen der Wochenberichte von DOE und API und die Veränderungen gegenüber der Vorwoche:
Rohöl: -1,7 Mio. Barrel (DOE) bzw. -1,3 Mio. Barrel (API)
Heizöl und Diesel: +0,1 Mio. Barrel (DOE) bzw. -1,1 Mio. Barrel (API)
Benzin: -0,1 Mio. Barrel (DOE) bzw. -2,2 Mio. Barrel (API)
Ölproduktion in den USA: 12,0 Mio. Barrel pro Tag (0,7 Mio. über Vorjahreswert)
Ölnachfrage in den USA (4-Wochen-Durchschnitt): 20,4 Mio. Barrel pro Tag (0,5 Mio. unter Vorjahreswert)
Die Nordseesorte Brent kostet aktuell 93,02 US-Dollar je Barrel. Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) steht bei 86,84 US-Dollar je Barrel. Rotterdamer Gasoil notiert bei 1093,25 Dollar je Tonne. Der US-Dollar ist 1,0215 Euro wert. Damit steht der Euro bei 0,9786 Dollar.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise steigen am Morgen leicht an. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt einen landesweiten Durchschnittspreis von knapp 160 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter). Die höheren Rohölpreise machen sich im Moment noch nicht bemerkbar.
Die Zahl der Bestellungen ist noch immer gering, wächst aber langsam wieder an. Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, bleibt zwar auf der mittleren Stufe. Dafür steigt aber die Zahl der Optimisten: Während Anfang der Woche nur etwa die Hälfte der Stimmen in der täglichen Lesereinschätzung mit einem Rückgang der Heizölpreise rechnete, sind es aktuell schon 77 Prozent. Die Heizöl-Charts zeigen das noch nicht an, aber die Tendenz stimmt zumindest für den Gasmarkt. Dort sind die Großhandelspreise in den letzten Tagen steil gefallen. Für gewerbliche Kunden ist Heizöl als Alternative zu Gas dadurch weniger attraktiv geworden.
Trotzdem besteht für den Heizölmarkt wenig Anlass zur Entwarnung. Die EU-Sanktionen gegen russisches Öl treten erst in sechs Wochen in Kraft. Die Lieferprobleme im internationalen Heizöl-/Dieselmarkt sind trotz der Entspannung in Frankreich noch nicht ausgestanden. Vorsorge sollte weiterhin höchste Priorität haben.
Quelle: esyoil