Internationaler Markt
Knappe Versorgung oder schwache Nachfrage. Zwischen diesen Extremen wabert die Stimmung der Ölmarktteilnehmer hin und her. Seit Anfang November sind die Nachfragesorgen wirkmächtiger. Sie ließen die Preise für Rohöl und Gasöl (Vorprodukt für Heizöl) in Europa um 15 Prozent einbrechen. In den USA verlor Rohöl sogar 18 Prozent an Wert, während Heizöl rund 14 Prozent nachgab.
Ursächlich für die jüngste Entwicklung ist das Nachfragedilemma in China. Das Land hat sich zum Opfer seiner Corona-Strategie gemacht. Die Zahl der Neuinfektionen ist mittlerweile auf den höchsten Stand seit Ausbruch der Pandemie gestiegen. Weitreichende Lockdowns sind angesichts der immer noch gültigen Null-Covid-Doktrin unvermeidlich. Darunter leiden die Menschen und die Wirtschaft des Landes. Aufgrund des globalen Einflusses dieser Wirtschaft wird die Weltkonjunktur in Mitleidenschaft gezogen.
Zu der von China verursachten Wirtschaftsschwäche gesellt sich die Abkühlung diverser Volkswirtschaften als Folge von Inflationsbekämpfung, der sich zahlreiche Notenbanken verschrieben haben. Ihr Instrument ist die drastische Verteuerung von Krediten. Es handelt sich um den Gegenentwurf zum billigen Geld, das nach der 2008er Finanzkrise in ganz großem Stil zum Befeuern der Wirtschaft verteilt wurde. Dieses Geld muss nun unschädlich gemacht werden.
Auf der Versorgungsseite zählen die Angebotskürzung der OPEC-Plus-Gruppe, die die schwindenden Preise stützen soll, und der EU-Boykott gegen russisches Öl, der den Ukrainekrieg verkürzen soll. Während der Angebotskürzung ein nicht quantifizierbarer Erfolg beschieden werden kann, wird der EU-Boykott wenig bis gar nichts am Kriegsverlauf ändern. Er wendet sich eher gegen die Boykotteure selbst. Italien wird sich deshalb möglicherweise aus dem am 5. Dezember in Kraft tretenden Vorhaben ausklinken. Dem Land geht es dabei hauptsächlich um die Versorgung einer für den Sünden wichtigen Raffinerie an der Ostküste Siziliens. Diese Raffinerie ist auf russisches Öl angewiesen.
Die prinzipiell bullisch wirkende Maßnahme der EU scheint allerdings eine unerwartete Wendung zu bekommen. In Vorbereitung auf den Boykott haben sich viele Raffinerien Europas mit Rohöl aus Amerika eingedeckt. Dabei wurden die Liefermengen aus Lateinamerika im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Lieferungen aus den USA stiegen um annähernd 40 Prozent. Hinzu kommt eine Zunahme irakischer Importe von 20 Prozent. Das alles scheint zu viel des Guten gewesen zu sein. Vor dem Hintergrund schwindender Nachfrage droht Europa nun eine temporäre Überversorgung mit Ölprodukten. Die dürfte die Gasölpreise, die gegenüber Rohöl lange überteuert waren, auf oder sogar unter das früher geltende Verhältnis der beiden Ölgruppen zurückführen.
Im Ölmarkt gibt es langfristig keine Statik. Die Preise unterliegen ständig wechselnden Warenverfügbarkeiten. Diese werden durch die Preise selbst verursacht. Hohe Preise führen zu hohen Investitionen in Rohstoffe oder/und in Infrastruktur und damit zu Angebotsausweitung. Niedrige Preise bewirken das Gegenteil. Dadurch entstehen die sogenannten Schweinezyklen der Preisbewegung.
Nachdem die Notierungen an den Ölbörsen im Freitagsverlauf neue Monatstiefs markierten, bewegen sie sich aktuell zwischen den Hoch- und Tiefpunkten des letzten Handelstags. Die Tendenz bleibt aber abwärtsgerichtet.
Das Barrel WTI (West Texas Intermediate) wird aktuell zu 79,71 Dollar und das Barrel Brent zu 86,99 Dollar gehandelt. Die Tonne Gasöl kostet 945,50 Dollar. Der US-Dollar kostet 0,9751 Euro. Damit kostet der Euro 1,0253 Dollar.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise nähern sich einem Sechs-Monats-Tief, wie der aktuellen Heizölpreis-Tendenz zu entnehmen ist. In der Drei-Monats-Ansicht wirkt das im Vergleich zu den Gasölpreisen wie eine Übererfüllung der Börsenvorgaben. In der Sechs-Monats-Ansicht wird indes deutlich, dass das nicht der Fall ist. Der Gasölpreis befindet sich bereits unter seinem Startwert. Dahin muss der Heizölpreis noch kommen. Der Vergleich macht auch deutlich, wie sehr sich der heimische Heizölpreis zwischenzeitlich vom Weltmarkt entkoppelt hat. Vielfältige Knappheit im Binnenmarkt war die Ursache. Die ist mittlerweile weitgehend Geschichte.
Das Bestellaufkommen im Hausbrandgeschäft ist recht hoch. Unbenommen dessen gibt es große Hoffnungen auf günstigere Heizölpreise. Unser Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Käufe der Kunden ins Verhältnis zu ihren Preisanfragen setzt, und die Lesereinschätzung zur Preisentwicklung zeigen die Befindlichkeit der Kunden entsprechend an. Das eine steht heute Morgen auf hohem Niveau für die Kaufintensität, das andere auf einem sehr starken Mehrheitswert für die Erwartung für fallende Heizölpreise.
Unser Satz an alle Unentschlossenen lautet: Verfolgen Sie die Preisentwicklung eng, um sich gegebenenfalls in einem noch günstigeren Moment eindecken zu können.
Klarstellung: Seit einiger Zeit nehmen wir Missverständnisse der öffentlichen Meinung über die Zukunft der Ölheizung wahr. Deshalb möchten wir darauf hinweisen, dass das Heizen mit Öl durch den Gesetzgeber nicht verboten ist, weder jetzt noch in Zukunft und auch nicht ab 2026. Ab dem Jahr müssen neue Ölheizungen lediglich mit einem regenerativen Anteil ausgestattet sein, beispielsweise mit Solarkollektoren für die Erwärmung von Brauchwasser.
Im Übrigen sind wir mehr denn je der Meinung, dass wir alle verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.
Quelle: esyoil