Internationaler Markt
Die Preisentspannung hielt nur einen Tag an. Gestern setzte sich die allgemeine Krisenstimmung an den Ölbörsen wieder durch. Brent-Rohöl sprang in wenigen Stunden von 90 auf 93 Dollar. Unmittelbar vor der Hamas-Terrorwelle am 7. Oktober lag der Preis noch bei 84 Dollar je Barrel.
Ein greifbarer Auslöser für den aktuellen Anstieg ist jedoch nicht erkennbar. Allerdings ist eine Bodenoffensive der israelischen Streitkräfte jetzt wahrscheinlicher, da Präsident Biden wieder abgeflogen ist und die Versorgung der Menschen im Süden des Gaza-Streifens zumindest anläuft.
Schwer interpretierbar sind Meldungen, wonach die USA Raketen abgefangen haben, die vom Jemen aus möglicherweise Richtung Israel unterwegs waren. Die Angreifer müssten dann die vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen sein. Einzelheiten sind nicht bekannt. Militärische Stützpunkte der USA in Syrien und Irak werden schon seit Tagen mit Drohnen angegriffen. Auch hier wird Teheran als direkter oder indirekter Drahtzieher vermutet.
Der Ölmarkt reagiert derzeit empfindlich auf solche Meldungen, da Saudi-Arabien und Russland durch ihre zusätzlichen Förderkürzungen für einen permanenten Lagerabbau sorgen. Öl bleibt daher knapp. Erst im nächsten Jahr ist Entspannung in Sicht, wenn zusätzliches Öl aus Staaten verfügbar wird, die nicht zum Ölkartell OPEC+ gehören oder die von den OPEC-Beschlüssen ausgenommen sind, also Iran und Venezuela.
Auch auf der Nachfrageseite wirkt der Ölmarkt stabiler als noch vor wenigen Monaten. Die amerikanische Zentralbank hat gestern signalisiert, dass eine weitere Zinserhöhung vorerst nicht ansteht. In China, also dem zweitgrößten Ölverbraucher der Welt, konnten die staatlichen Maßnahmen einen scharfen Einbruch der Konjunktur und einen Zusammenbruch des Immobilienmarktes bisher abwenden. Die letzten Wirtschaftsdaten lagen über den Erwartungen. Allerdings sind sich westliche Beobachter uneins, wie belastbar die Daten der staatlichen Statistikbehörde sind.
Auch wenn eine Ausweitung des Israel-Hamas-Kriegs auf andere Regionen immer noch als unwahrscheinlich gilt, sind die Risiken dennoch unübersehbar. Für viele Trader, insbesondere an den Ölbörsen, sind sie offenbar groß genug, um auf steigende Ölpreise zu wetten. Die Cash-Reserven sind groß, da die Zahl der Wetten über den Sommer hinweg stark zurückgefahren wurde.
Die Ölbörsen starten heute mit erneuten Aufschlägen. Brent-Rohöl kostet 93,19 US-Dollar je Barrel. Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) steht bei 90,33 US-Dollar je Barrel. Rotterdamer Gasoil notiert bei 920,50 Dollar je Tonne. Der US-Dollar ist 0,9456 Euro wert. Damit steht der Euro bei 1,0573 Dollar.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise reagieren bisher nur wenig auf den Preissprung an den internationalen Rohölbörsen. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt am frühen Morgen einen landesweiten Durchschnittspreis von knapp über 115 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter).
Der Heizölhandel orientiert sich stark an den Preisen für Gasoil. Dort fiel der Preisanstieg in den letzten Tagen schwächer aus als im Rohölmarkt. Zudem hat sich der Heizölmarkt beruhigt. Die Zahl der Bestellungen ist auf ein durchschnittliches Niveau gefallen. In diesem Umfeld steigt die Konkurrenz und die Margen sinken.
Passend dazu ist das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, auf die mittlere Stufe zurückgefallen. Der Preisoptimismus ist dagegen gestiegen: Fast drei Viertel der Voten in der täglichen Lesereinschätzung rechnen aktuell damit, dass die Heizölpreise fallen werden. Auch das trägt zur Kaufzurückhaltung bei.
Dieser Optimismus scheint jedoch riskant. Eine Entspannung in Nahost ist noch nicht in Sicht. Eskalationen sind jederzeit möglich. Wer sicher über den Winter kommen will, sollte daher nicht zu lange auf einen Preiseinbruch spekulieren.
In jedem Fall gilt jedoch: Nichts ist billiger und klimaschonender als Heizöl, das nicht verbrannt wird. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihre aktuelle Heizlösung, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der globalen Klimakrise und der demnächst wieder steigenden CO2-Abgaben. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche Tipps und Empfehlungen bereit.
Quelle: esyoil