Internationaler Markt
Die Ölpreise rutschten gestern nach vier Tagen Anstieg abwärts – Brent-Rohöl steht wieder deutlich unter 80 Dollar je Barrel. Zum einen nahmen Trader Gewinne mit. Zum anderen belasteten die aktualisierten Ölpreisprognosen von Goldman Sachs. Die Finanzexperten der Investmentbank senkten ihre Schätzungen für 2025 und sehen Brent im Durchschnitt bei 77 Dollar je Barrel. Bereits in der vergangenen Woche hatten die Analysten von Morgan Stanley ihre Prognose für Brent-Rohöl auf 75 Dollar gesenkt. Grund ist für beide Bankhäuser die erwartete Angebotssteigerung im kommenden Jahr.
Goldman Sachs beschreibt zudem mehrere Szenarien, die die Ölpreise künftig noch stärker dämpfen könnten. Genannt werden neben einer Rezession mit sinkender Ölnachfrage im Schlepptau auch eine stagnierende chinesische Ölnachfrage, die Brent bis auf 60 Dollar fallen lassen könnten. Außerdem steht ein Wahlgewinn Donald Trumps auf der Liste, weil Trump Einfuhrzölle von 10 Prozent einführen dürfte. In diesem Fall sehen die Experten Brent bei 63 Dollar. Auf durchschnittlich 61 Dollar schätzen sie den Brent-Preis, wenn die OPEC-plus ihre gesamten Zusatzkürzungen bis September 2025 abbauen sollte.
Die aktuelle Entwicklung in Libyen verhinderte bis zum Mittag ein weiteres Absacken der Ölfutures: Dort machte die Gegenregierung im Osten des Landes gestern ihre Drohung wahr und legte einen Großteil der Ölproduktion lahm. Hintergrund ist das Machtspiel der zwei konkurrierenden Regierungen. Sie streiten um die Führung der libyschen Zentralbank, die unter anderem Gelder der Ölgeschäfte verwaltet. Den Tradern dürfte gestern allerdings schnell klar geworden sein, dass sich die rund 1,2 Millionen Barrel täglich (B/T), die Libyen zuletzt pro Tag produzierte, recht einfach kompensieren ließen. Der Blick geht dabei wieder auf die freiwilligen Förderkürzungen der OPEC-plus, die ab Oktober schrittweise aufgehoben werden sollen und sich insgesamt auf 2,2 Millionen B/T belaufen.
Damit bekamen die Notierungen an den Ölbörsen in der zweiten Tageshälfte freie Fahrt für ihren Abwärtslauf, zumal die Verhandlungen im Nahen Osten weitergingen und deshalb keine neuen Risiken eingepreist wurden. Bis zum Abend glich Rohöl etwa ein Drittel des viertägigen Anstiegs aus. Bei Gasöl, dem Vorprodukt von Heizöl, sind es sogar zwei Drittel.
Die vorläufigen US-Bestandsdaten des Branchenverbandes API fielen am späten Abend zwar preisstützend aus, konnten an ICE und NYMEX bisher allerdings keinen Impuls setzen. Die auf Wochensicht gesunkenen Rohöl- und Produktbestände lassen auf eine stärkere US-Nachfrage schließen. Bemerkenswert ist der Rückgang der landesweiten Rohölvorräte, der mit 3,4 Millionen Barrel stärker als erwartet zu sein scheint. Für eine genauere Bewertung der Lage warten die Trader auf die umfangreicheren Daten des US-Energieministeriums (DOE), die wie gewohnt heute Nachmittag zur Veröffentlichung anstehen.
An den Ölbörsen sind die Preise leicht unterhalb ihrer gestrigen Tiefstwerte gestartet und bewegen sich zur Stunde abwärts. Das Barrel der US-Rohölsorte WTI (West Texas Intermediate) steht aktuell bei 74,77 Dollar. Brent kostet 78,81 US-Dollar das Barrel. Eine Tonne Gasöl wird zu 694,25 Dollar gehandelt. Der US-Dollar kostet heute Morgen 0,8970 Euro. Damit ist der Euro für 1,1145 Dollar zu haben.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise drehen nach vier Tagen Preisanstieg heute früh wieder abwärts. Die passende Vorlage dafür lieferten die internationalen Ölpreise, die gestern deutlich nachgaben. Die aktuelle Heizölpreis-Tendenz zeigt zur Stunde im Binnenland einen Durchschnittspreis von rund 94,50 Euro je 100 Liter (Standardlieferung 3.000 Liter).
Wie stark sich der Preisrutsch des internationalen Marktes im Tagesverlauf auswirken kann und ob noch mehr Nachlass in dieser Woche möglich sein wird, bleibt abzuwarten. Für die weitere Entwicklung an den Ölbörsen gibt es nach wie vor preisdämpfendes Potenzial. Doch auch kurzfristig stützende Ereignisse sind jederzeit möglich, wie die vergangenen Tage einmal mehr bewiesen haben.
Das Bestellaufkommen war zuletzt rückläufig, dürfte bei weiter sinkenden Preisen jedoch erneut auffrischen. Gleiches gilt für die Hoffnung auf Preisrücksetzer in naher Zukunft, die in der tagesaktuellen Lesereinschätzung noch vergleichsweise niedrig ausfällt.
Das Schwarm-O-Meter für Heizöl zeigt heute Morgen eine hohe Kaufbereitschaft. Es misst die tatsächlich aufgegebenen Bestellungen nach einer Preisanfrage.
Orientierungshilfe für alle Unentschlossenen: Wer gerne spekuliert, kann jetzt auf weiter sinkende Preise wetten und noch etwas abwarten. Wer lieber auf Sicherheit setzt, nutzt Preisrücksetzer umgehend.
Im Übrigen sind wir mehr denn je der Meinung, dass wir alle verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.
Quelle: esyoil