Internationaler Markt
Seit vielen Monaten spekulieren die Finanzmärkte darüber, wann die amerikanische Notenbank (Fed) die Zinswende einläutet. Auch die Ölbörsen reagierten in diesem Jahr immer wieder sensibel auf jede Veränderung in den Zinserwartungen.
Gestern war es nun endlich so weit. Die Fed hat den Leitzins unerwartet kräftig um 0,5 Prozentpunkte gesenkt. Der Schritt galt als überfällig, denn die Inflation spielt aktuell kaum noch eine Rolle. Dafür gibt es weltweit immer mehr Warnzeichen für eine lahmende Konjunktur. Das gilt für Europa schon länger, aber mittlerweile sind die Probleme auch in China und in den USA angekommen.
Der Schritt hat den Ölpreisen zusätzlichen Schub verliehen. Heute steht Brent-Rohöl bei 74 Dollar je Barrel. Das liegt immerhin fünf Dollar über den Jahrestiefstpreisen aus der Vorwoche.
Die Reaktion der Trader ist dennoch verhalten. Ein Zinsschritt nach unten lag schon länger in der Luft. Unklar war nur, ob er noch vor den US-Wahlen kommt oder erst danach. Das Zinsniveau wirkt außerdem nur indirekt auf den Ölmarkt. Ob er die amerikanische und die globale Weltkonjunktur tatsächlich stützen kann, wird sich erst in einigen Monaten zeigen. Auch der Devisenmarkt reagiert bisher nur minimal. Die Wechselkurse haben sich kaum verändert, obwohl niedrigere Zinsen die Attraktivität des US-Dollars verringern sollten.
Die Zinswende in den USA könnte daher schon rasch abgehakt werden. Der Schuh drückt aus Sicht des Ölmarktes ganz woanders. Noch immer lastet weltweit ein hohes Ölangebot auf den Ölpreisen, während die Ölnachfrage offensichtlich schwach bleibt.
An dieser Sicht der Dinge konnte auch der gestrige Wochenbericht zum amerikanischen Ölmarkt nichts ändern. Die Lagerbestände blieben trotz der Schäden durch den Hurrikan Francine fast unverändert, während die US-Nachfrage fast drei Prozent unter den Vorjahreswerten blieb.
Hier die aktuellen Zahlen aus dem Wochenbericht des amerikanischen Energieministeriums (DOE) und des Branchenverbandes der Ölindustrie (API). Sie zeigen die Veränderung der Lagerbestände im größten Ölmarkt der Welt:
Rohöl: -1,6 Mio. Barrel (DOE) bzw. +2,0 Mio. Barrel (API)
Heizöl- und Diesel: +0,1 Mio. Barrel (DOE) bzw. +2,3 Mio. Barrel (API)
Benzin: +0,1 Mio. Barrel (DOE) bzw. +2,3 Mio. Barrel (API)
Rohölförderung: 13,2 Mio. Barrel pro Tag (0,3 Mio. über Vorjahreswert)
Ölnachfrage (4-Wochen-Durchschnitt): 20,3 Mio. Barrel pro Tag (0,6 Mio. unter Vorjahreswert)
Der erste Handelstag nach der Zinswende in den USA beginnt mit leichten Aufschlägen bei den Ölpreisen. Brent-Rohöl kostet aktuell 74,08 US-Dollar je Barrel. Die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) steht bei 71,19 US-Dollar je Barrel. Rotterdamer Gasoil notiert bei 663,00 Dollar je Tonne. Der US-Dollar ist 0,8968 Euro wert. Damit steht der Euro bei 1,1149 Dollar.
Nationaler Markt
Auch die Heizölpreise liegen wieder deutlich über dem Jahrestief aus der letzten Woche. Die Heizölpreis-Tendenz zeigt aktuell einen landesweiten Durchschnittspreis von knapp 94 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter). Das liegt fünf Euro über dem Jahrestief von knapp 90 Euro. Die Trendkanäle zeigen jedoch, dass der längerfristige Abwärtstrend intakt bleibt.
Der Preisanstieg der letzten Tage hat die Bestellmengen messbar ausgebremst. Die Orderzahl liegt noch immer über dem Durchschnitt, ist nun aber weit von den Rekordwerten der letzten Wochen entfernt.
Das mathematische Tiefpreis-System, das Preistrends auswertet, zeigt jetzt nur noch einen neutralen Wert. Das Schwarm-O-Meter, das die Kaufbereitschaft nach Preisanfragen misst, steht allerdings noch auf der zweithöchsten Stufe. Dafür hat der Preisoptimismus Federn gelassen. Fast ein Drittel der Stimmen erwartet steigende Preise, so die tägliche Lesereinschätzung. Das sind deutlich mehr Pessimisten als in der Vorwoche.
Allerdings ist unklar, wie weit die aktuelle Preiserholung trägt. Die Schwäche der globalen Ölnachfrage wirft einen langen Schatten, den die Händler nicht ignorieren können. Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte die aktuell immer noch niedrigen Heizölpreise nutzen. Wer spekulieren will, sollte zeitnah verfolgen, wie sich die Zinswende und die Spannungen in Nahost in der kommenden Woche auswirken.
In jedem Fall gilt jedoch: Nichts ist billiger und klimaschonender als Heizöl, das nicht verbrannt wird. Reduzieren Sie Ihren Verbrauch und überdenken Sie Ihre aktuelle Heizlösung, auch angesichts der globalen Klimakrise und steigender CO2-Preise. Die Verbraucherzentralen halten zahlreiche Tipps und Empfehlungen bereit.
Quelle: esyoil