Internationaler Markt
Wennschon, dennschon, sagten sich gestern offenbar einige Trader und nutzten den Aufwärtsschwung der internationalen Ölpreise. Der war am Mittwoch durch den überraschenden Lagerabbau in den USA gewissermaßen aus dem Nichts entstanden. Die Hedgefonds bauten ihre Wetten auf steigende Ölpreise aus und trieben damit die Ölpreise ein Prozent höher bis auf knapp 62 Dollar je Barrel. Doch dann war der Wagemut erschöpft. Gewinnmitnahmen setzten ein und Brent-Rohöl ging nur mit einem mageren Plus aus dem Handel.
Der Verlauf zeigt jedoch, dass die Gegenkräfte stärker werden, sobald Öl unter die Grenze von 60 Dollar je Barrel fällt. Für das OPEC-Kartell ist diese Marke die Schmerzgrenze, unter der man regelmäßig aktiv wird – erst verbal, dann mit Förderkürzungen. Für die Spekulanten sind niedrige Ölpreise ein Anreiz, die zuletzt stark geschrumpften Ölpreiswetten auszubauen.
Auch das Umfeld war gestern günstig: Im Golf von Mexiko, unweit der mexikanischen Küste, bildet sich derzeit ein Sturmtief, das eventuell noch an Kraft gewinnt und dann die Offshore-Produktion gefährdet. In der Nordsee wiederum legte ein Stromausfall vorübergehend eine wichtige Pipeline lahm.
Bei den großen „Makrothemen“ tut sich allerdings wenig. Der amerikanische Vizepräsident Pence kritisierte Chinas Vorgehen gegen die Proteste in Hongkong und verglich den amerikanischen Basketballverband mit einer Filiale Pekings. Die Sportverbände hatten sich in den letzten Wochen bei Peking für einzelne Pro-Hongkong Äußerungen ihrer Sportler entschuldigt. Damit wollten sie auf wenig rühmliche Weise ihre lukrativen Sponsorenverträge retten.
Für den Ölmarkt heißt das jedoch, dass Pence den aktuellen Kuschelkurs Trumps gegenüber China unterläuft und eine Einigung beim chinesisch-amerikanischen Handelskrieg völlig ungewiss bleibt. Das könnte den Welthandel und damit die Ölnachfrage weiterhin dämpfen. Schlechte Konjunkturdaten aus den USA und Deutschland bestätigten gestern diesen Pessimismus.
Die meisten Trader bezweifeln daher, dass der aktuelle Preisanstieg noch sehr viel weiter trägt. Nur entschiedene Ankündigungen aus Saudi-Arabien oder Russland, dass man zusätzliche Förderkürzungen unterstützt, könnten den Trend verlängern.
Das dachten sich wohl auch die Händler in Asien und nahmen über Nacht Gewinne mit. Heute Morgen startet der Handel in Europa mit etwas niedrigeren Ölpreisen. Aktuell steht die US-Rohölsorte West Texas Intermediate (WTI) bei 56,01 US-Dollar je Barrel. Die Nordseesorte Brent kostet 61,47 US-Dollar je Barrel. Gasöl notiert bei 600,25 Dollar je Tonne. Der US-Dollar ist 0,9005 Euro wert. Damit steht der Euro bei 1,1108 Dollar.
Nationaler Markt
Heizöl wird teurer, wie die aktuelle Heizölpreis-Tendenz zeigt. Die Notierungen liegen nun im landesweiten Durchschnitt über 66 Euro je 100 Liter für eine Standardlieferung (3000 Liter). Der Anstieg der Rohölpreise, der etwas schwächere Euro und die höheren Margen bei Gasoil (dem Vorprodukt von Heizöl) hinterlassen ihre Spuren im Heizölmarkt.
Die Käufer bleiben bislang entspannt. Die Aktivität ist auf einem normalen, durchschnittlichen Niveau. Das Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Zahl der Käufe und Preisanfragen vergleicht, zeigt allerdings, dass die Kaufbereitschaft auf ein hohes Niveau geklettert ist. Der Preisanstieg der letzten Tage hat nun doch einige zögernde Kunden zur Entscheidung gedrängt.
Dazu passt, dass der Preisoptimismus der Heizölkunden schwindet. In der aktuellen Umfrage rechnen nur noch 74% der Stimmen mit weiter fallenden Heizölpreisen. Das sind 10 Prozentpunkte weniger als gestern.
Die Preischarts geben ebenfalls Anlass zur Sorge. In der kurzen Sicht dominiert zwar noch der fallende Preiskanal. Doch wenn man den kurzen Preisausschlag Mitte September nach den Anschlägen auf Saudi-Arabien ignoriert, ähnelt er immer stärker einem Aufwärtstrend. In der mittel- und langfristigen Perspektive weisen die Preiskanäle stabil nach oben.
Was tun? Trotz des jüngsten Preisanstiegs wirken die aktuellen Heizölpreise im Vergleich zum Vorjahr attraktiv. Wenn sich der Tank bereits leert, besteht wenig Anlass abzuwarten. Insgesamt ist der Ölmarkt jedoch noch immer in einer schwachen Verfassung. Wer spekulieren will, kann also auf zukünftige Preisdellen setzen. Sollten Saudi-Arabien und Russland jedoch einen schärferen Kartellkurs einschlagen, ist es höchste Zeit, den Wintervorrat zu sichern.
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Quelle: esyoil