Internationaler Markt
Es war eine Premiere, die die Welt bewegt. Futures auf US-Rohöl der Sorte WTI (West Texas Intermediate) hatten gestern Abend einen negativen Preis. Das heißt, Händler, die einen solchen Kontrakt verkaufen wollten, mussten Käufer dafür bezahlen, den Kontrakt zu übernehmen. Diese Geschichte verlangt Aufklärung.
Sie beginnt mit der Überversorgung des Ölmarkts. Darüber wird an dieser Stelle seit Monaten berichtet. Mittlerweile ist die Lage dramatisch geworden. Weltweit kommen die Lagerkapazitäten an ihre Grenzen. Der Zufluss von Rohöl reißt aber nicht ab. Ölproduzierende Staaten und Unternehmen waren viel zu lange untätig, um das Problem zu bekämpfen. Man beschränkte sich auf Diskussionen und Verhandlungen. Nun geraten die Protagonisten in Panik und mit ihnen Horden von Finanzjongleuren. Wieder sind die USA das Zentrum des Geschehens. In diesem Augenblick steuern 20 saudi-arabische Tanker mit 40 Mio. Barrel Rohöl an Bord auf US-Häfen zu, um es dort abzuladen. Gleichzeitig wird Öl ungehemmt aus den US-Ölschieferregionen gepumpt. Abnehmer dafür gab es nicht, bis die USA in letzter Minute ihre strategischen Lager ins Spiel brachten. Gleichwohl wird das Gros der Ölschwemme im Zentrallager in Cushing, Oklahoma landen. Dort reicht die Aufnahmefähigkeit bei unverändertem Zufluss noch zwei bis drei Wochen. Dann geht nichts mehr rein.
Es ist nicht schwer zu verstehen, dass der Überfluss der Ware ihren Preis erodieren lässt. Um ihn unter null zu treiben, bedarf es einer Verpflichtung, wie sie in den Futures-Kontrakten formuliert ist, nämlich der Abnahme der Ware zu einem bestimmten Zeitpunkt in Cushing, Oklahoma. Der Zeitpunkt ist im Mai, also dann, wenn Cushing wahrscheinlich nichts mehr aufnehmen kann. Die entsprechenden Kontrakte werden heute das letzte Mal gehandelt. Viele Kontrakthalter haben gar kein Interesse an Öl. Sie besitzen die Futures nur, weil diese günstig zu erwerben waren und ihre Käufer einen Verkaufsgewinn wähnten. Jetzt müssen sie sie loswerden, um nicht zur Ölabnahme verpflichtet zu sein, koste es, was es wolle.
In der Spitze haben die Verkäufer gestern über 40 Dollar für die Veräußerung bezahlt. Ein Käufer bekam also nicht nur ein Barrel Öl, sondern auch gute 40 Dollar. Wir können uns sicher sein, dass dieser Käufer genau wusste, was er tat, im Gegensatz zu vielen ahnungslosen Finanzjongleuren. Sie stehen häufig im Dienst von privaten Anlegern, die ihr Geld in ETF und andere Finanzinstrumente steckten, um daraus eines Tages eine Rente zu beziehen.
Mittlerweile kosten die Mai-Kontrakte -4,55 Dollar pro Barrel. Die Juni-Kontrakte liegen bei 20,56 Dollar. Europäische Ölpapiere haben noch keinen negativen Preis. Er ist auch wenig wahrscheinlich aber nicht unmöglich.
Das Phänomen der negativen Preise ist kein Corona-Spezifikum, wenngleich es ohne die dadurch hervorgerufene Lage für den Ölmarkt bisher nicht denkbar war. Im deutschen Strommarkt bezahlen wir für die Ableitung von Überschüssen aus unsteter Wind- und Solarenergie ins Ausland häufig Geld, das heißt, Strom hat dann einen negativen Preis. Auch im Gasmarkt gab es solche Situationen.
Die Premiere im Ölmarkt wird von Volkswirten als Ausblick für die zu erwartende Wirtschaftsentwicklung aufgrund der Maßnahmen gegen die Pandemie gesehen. Die Erwartungen sind nicht gut. Auch wenn in Deutschland und Europa eine neue Realität geprobt wird, ist Öl global immer noch der wichtigste Treibstoff der Wirtschaft. Hinsichtlich seines Preises ist dieser Treibstoff immerhin besser geeignet, Verwerfungen zu überwinden. Brummt die Wirtschaft, ist Öl teurer, schrumpft die Wirtschaft, ist es günstiger. Regenerativ erzeugter Strom wird hingegen stetig teurer. Das liegt im Wesentlichen an der fehlenden Lagerfähigkeit. Regenerativ erzeugtes Öl, E-Fuel, ist hingegen lagerbar und CO2-neutral.
Heute Morgen zeigen die Ölbörsen eine strenge Abwärtsbewegung. Sie ist eine Folge der gestrigen Ereignisse. Das Minus beträgt zur Stunde rund zehn Prozent.
Das Barrel WTI (West Texas Intermediate) wird aktuell zu -4,55 Dollar und das Barrel Brent zu 23,44 Dollar gehandelt. Die Tonne Gasöl kostet 242,00 Dollar. Der US-Dollar kostet 0,9224 Euro. Damit kostet der Euro 1,0837 Dollar.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise haben im Bundesdurchschnitt ein neues Jahrestief erreicht, wie die aktuelle Heizölpreis-Tendenz zeigt. Mehr noch, wir müssen bis 2016 zurückblicken, um ähnlich günstige Preise zu finden. Die Entwicklung ist durch die Börsenvorgabe geprägt. Gleichwohl folgt sie dieser schon länger nicht mehr direkt. Nationale Besonderheiten und die Probleme mit dem Lockdown schaffen eine länderspezifische Preissituation.
Bei den aktuellen Preisen greifen Kunden weiterhin in großer Zahl zu. Die Lieferzeiten des Handels werden immer länger, weil die Bestellwelle nicht abreißen will. Dieser Umstand und die personelle Unsicherheit, in der sich die Händler befinden, gibt ihnen wenig Anlass, mit besonders günstigen Preisen um Kunden zu ringen.
Längst nicht alle Beobachter der Heizölpreise werden in diesen Tagen zu Kunden. Die Überzeugung, dass Heizöl noch günstiger wird, ist nicht erloschen. Unser Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Käufe der Kunden ins Verhältnis zu ihren Preisanfragen setzt, und die Lesereinschätzung zur Preisentwicklung zeigen die Befindlichkeit der Kunden entsprechend an. Das eine steht auf hohem Niveau für die Kaufintensität, das andere auf einem sozialistischen Mehrheitswert für die Erwartung an tiefere Heizölpreise.
Die Heizölpreistrends sind Mutmacher für die Spekulation auf fallende Preise. In fast allen Zeitbereichen werden Abwärtsaussichten dargestellt. Einzig in der kurzfristigen Ansicht zeigt der Einfluss des knappen Angebots im Binnenmarkt einen wechselbereiten Trend.
Das Tiefpreis-System zeigt in allen Regionen der Republik Kaufsignale.
Unser Rat an alle Unentschlossenen lautet: Die Heizölpreise sind klare Kaufpreise. Allerdings kann der Preisverfall weiter Fahrt aufnehmen. Es bleibt eine Marktlage für Spekulanten.
Seit einiger Zeit nehmen wir Missverständnisse der öffentlichen Meinung über die Zukunft der Ölheizung wahr. Deshalb möchten wir darauf hinweisen, dass das Heizen mit Öl durch den Gesetzgeber nicht verboten ist, weder jetzt noch in Zukunft und auch nicht ab 2026. Ab dem Jahr müssen neue Ölheizungen lediglich mit einem regenerativen Anteil ausgestattet sein, beispielsweise mit Solarkollektoren für die Erwärmung von Brauchwasser.
Im Übrigen sind wir der Meinung, dass wir alle verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.
Quelle: esyoil