Internationaler Markt
EU-Boykott und Preisdeckel auf russisches Öl sind zwar erst zwei Tage alt, gleichwohl zeichnet sich bereits jetzt ab, dass der befürchtete Angebotsschock ausbleiben wird. Apodiktisch angekündigte Lieferstopps aus dem Kreml gegen all jene Kunden, die auf die Einhaltung des Preisdeckels pochen, werden angesichts seiner marktgerechten Quantifizierung wohl nicht stattfinden. Natürlich gehört es zum Spiel, dass Russland eine Gegenmaßnahme ankündigt, die in den kommenden Tagen entwickelt werden soll. Zur Diskussion steht dem Vernehmen nach eine Preisuntergrenze für angebotenes Rohöl.
Dass das Inkrafttreten der Maßnahmen am Montag so unspektakulär über die Bühne ging, ist dem mittlerweile gewachsenen Verständnis der EU über den Ölmarkt, der in weiten Teilen bereits erfolgten Umsetzung politischer Vorgaben und wieder aufgeflammten Rezessionssorgen unter Finanzjongleuren zu verdanken.
In Brüssel hat man sich offenbar davon überzeugen lassen, dass ein reiner Boykott des Ölbezugs die gleiche Wirkung hat wie ein Lieferstopp. Ein solcher treibt die Preise unweigerlich zu Gunsten des Anbieters in die Höhe. Damit wird das Gegenteil der angestrebten Wirkung erreicht, wie die jüngere Vergangenheit gezeigt hat. Um einen Angebotsschock zu vermeiden, muss für den weiteren Marktzufluss des in Ungnade gefallenen Öls gesorgt werden. Die einfachste Lösung wäre es, den Boykott abzublasen. Das verbietet sich für die EU aus Gründen der innergemeinschaftlichen Gesichtswahrung. Die kompliziertere aber machbare Lösung funktioniert über die Inkaufnahme deutlich verlängerter Lieferwege. Um die zu eröffnen, musste eine Formel gefunden werden, die es internationalen Logistikern erlaubt, das boykottierte Öl in umgekehrter Richtung um den Globus zu schiffen. Die Formel ist der Preisdeckel auf Verkäuferseite. Für Verbraucher erhöht sich der Preis allerdings aufgrund signifikant höherer Transportkosten. Darüber hinaus akzeptiert die um Klimaschadensbegrenzung bemühte EU den wachsenden Klimaschaden der erzwungenen Weggestaltung stillschweigend.
Ölhändler und Logistiker hatten genug Zeit, die notwendigen Veränderungen in ihre Geschäftsprozesse zu implementieren. Sie haben die Aufgabe offensichtlich mit Bravour erledigt, denn bereits vor dem Stichtag des Inkrafttretens gelangte so gut wie kein russisches Rohöl mehr auf direktem Weg in einen europäischen Hafen. Öl wird aus diversen anderen Provenienzen herbeigeschafft. Soweit es sich nicht um Rohöl, sondern um Heizöl, Diesel oder Benzin handelt, wird gleichwohl auch russisches Rohöl darin stecken.
Der Restunsicherheit zur Lage des Ölmarkts, die ohne Zweifel vorhanden ist, wird momentan die preissteigernde Wirkung entzogen, weil China nach wie vor als zweitgrößter Ölkonsument geschwächt ist. Das liegt an den zahlreichen Lockdowns, mit denen das Land angesichts der immer noch gültigen Null-Covid-Doktrin zu kämpfen hat. Etwaige Lockerungen der Vorgaben werden zu schleppend eingeführt, um den chinesischen Kraftstoffkonsum nennenswert in die Höhe schnellen zu lassen. Während im Fall Chinas die schwache Wirtschaft als Stimulus für Rezessionsängste gesehen wird, gilt im Fall der USA das Gegenteil. Die heiß gelaufene Wirtschaft dort könnte die Zentralbank zu weiteren harten Zinserhöhungen zwingen, um endlich Wirtschaftsabkühlung zu erzielen. Beide Fälle lassen Phantasien über rückläufigen Ölkonsum ins Kraut schießen.
Selbstverständlich kann sich die aktuell entspannte Preisentwicklung auf dem Ölmarkt in Luft auflösen, wenn der Führer im Kreml wieder von Aggressionsgelüsten erfasst wird. Es gib also keinen Verlass auf irgendeine Richtung der Preise. An den Ölbrösen zeigt sich allerdings auch heute Morgen wieder die Tendenz zu mehr Preisabgang.
Das Barrel WTI (West Texas Intermediate) wird aktuell zu 73,81 Dollar und das Barrel Brent zu 78,98 Dollar gehandelt. Die Tonne Gasöl kostet 818,00 Dollar. Der US-Dollar kostet 0,9543 Euro. Damit kostet der Euro 1,0479 Dollar.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise orientieren sich mittlerweile wieder klar abwärts, wie der aktuellen Heizölpreis-Tendenz zu entnehmen ist. Ursächlich für diese Entwicklung sind die internationalen Vorgaben. Etwaige Gegenanzeigen könnten aus heutiger Sicht nur aus Moskau kommen. Dort sinniert man noch, ob man hinsichtlich des Öls mit Eskalation oder stillschweigender Kooperation besser fährt.
Aufgrund des aktuellen Preisniveaus ist das Bestellaufkommen im Hausbrandgeschäft hoch. Gleiches gilt für die Hoffnungen auf günstigere Heizölpreise. Unser Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Käufe der Kunden ins Verhältnis zu ihren Preisanfragen setzt, und die Lesereinschätzung zur Preisentwicklung zeigen die Befindlichkeit der Kunden entsprechend an. Das eine steht heute Morgen auf hohem Niveau für die Kaufintensität, das andere auf einem starken Mehrheitswert für die Erwartung für fallende Heizölpreise.
Unser Satz an alle Unentschlossenen lautet: Verfolgen Sie die Preisentwicklung eng, um sich gegebenenfalls in einem noch günstigeren Moment eindecken zu können.
Klarstellung: Seit einiger Zeit nehmen wir Missverständnisse der öffentlichen Meinung über die Zukunft der Ölheizung wahr. Deshalb möchten wir darauf hinweisen, dass das Heizen mit Öl durch den Gesetzgeber nicht verboten ist, weder jetzt noch in Zukunft und auch nicht ab 2026. Ab dem Jahr müssen neue Ölheizungen lediglich mit einem regenerativen Anteil ausgestattet sein, beispielsweise mit Solarkollektoren für die Erwärmung von Brauchwasser.
Im Übrigen sind wir mehr denn je der Meinung, dass wir alle verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.
Quelle: esyoil