Internationaler Markt
Die Rohölpreise fallen ins Bodenlose. Seit Jahresbeginn hat die Sorte Brent 68 Prozent an Wert verloren. Nicht ganz so dramatisch ist der Preisabsturz bei Gasöl, dem Vorprodukt für Heizöl und Diesel. Er beträgt aktuell 54 Prozent. Die Angaben beziehen sich auf börsengehandelte Futures, die als Grundlage für physische Käufe dienen. Aufgrund der atemberaubenden Marktstörungen wegen der Corona-Krise ist diese Grundlage vielerorts aber nicht mehr anwendbar. Die Preise folgen dort regionalen Mechanismen.
So wird Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) in den USA für weniger als zehn Dollar pro Barrel verkauft. Als tiefster Preis für Rohöl aus der Ölschieferproduktion werden rund drei Dollar pro Barrel aufgerufen. Das ist weniger als der Aufwand für Förderung und Transport. Pipeline- und Raffineriebetreiber rufen zur Drosselung der Produktion auf, weil sie kein Öl mehr zwischenlagern können. Ölförderer bitten mittlerweile um staatliche Regulierung des US-Markts, da ihnen eine kooperative Absprache aus kartellrechtlichen Gründen untersagt ist. Ohne eine Regulierung droht der Zusammenbruch der US-Ölindustrie und der Verlust der über eine Dekade aufgebauten Eigenversorgungsfähigkeit des Landes. Die moderaten Ölpreise der letzten Jahre sind der Existenz dieser Industrie zu verdanken.
Die Brisanz der Lage ist im Weißen Haus bekannt. Der Chef will in den nächsten Tagen seinen russischen Kontrahenten anrufen, um ihn zu einer konstruktiven Gangart zusammen mit Saudi-Arabien zu bewegen. Als der Preiskampf zwischen der OPEC und Russland vor wenigen Wochen begann, war kaum absehbar, dass die USA als erster Verlierer vom Platz gehen könnten. Nun ist das Szenario eingetreten, auf das Putin gesetzt hat und für das er die Allianz zur Stabilisierung der Ölpreise platzen ließ. Ohne den Corona-Shutdown wäre es so nicht erfolgt, mindestens nicht so schnell.
Das Tohuwabohu im Ölmarkt geht maßgeblich auf das Konto der Nachfragevernichtung, die ein nie dagewesenes Ausmaß annimmt. Quantitative Aussagen dazu überbieten sich täglich. Aktuell wird ein Viertel des globalen Bedarfs als ausgefallen betrachtet. Der fundamentale Marktmechanismus, günstige Preise erhöhen die Nachfrage, ist mit der Corona-Krise außer Kraft gesetzt. Es wird nicht die einzige Abkehr von marktwirtschaftlichen und sogar demokratischen Prinzipien bleiben. Politiker neigen dazu, die Gunst der Stunde für Verschiebungen historischer Gesellschaftsprinzipien zu nutzen. Das Programm, das Finanzministerium und Zentralbank in den USA zur Rettung von Wirtschaft und Anlagevermögen aufgelegt hat, ist ein Beispiel dafür. Es ist die erwartete unermessliche Vergrößerung der Maßnahmen gegen die 2008er Krise. Die sagenhafte Steigerung ist leider nötig, weil die Fallhöhe seit damals erheblich anstieg.
Die Ölnotierungen pendeln derzeit stark um ein sehr niedriges Preisniveau. Es sieht so aus, als würden sie von den Einflussfaktoren Nachfragezusammenbruch und staatliche Ermächtigungsmaßnahmen durchgeschüttelt.
Das Barrel WTI (West Texas Intermediate) wird aktuell zu 21,19 Dollar und das Barrel Brent zu 23,07 Dollar gehandelt. Die Tonne Gasöl kostet 298,00 Dollar. Der US-Dollar kostet 0,9093 Euro. Damit kostet der Euro 1,0997 Dollar.
Nationaler Markt
Die Heizölpreise befinden sich wieder auf dem Rückzug, wie die aktuelle Heizölpreis-Tendenz zeigt. Von einer Kopplung an den Weltmarkt sind sie aber weit entfernt. Die Lage im Binnenmarkt lässt das nicht zu. Der deutsche Heizölmarkt nimmt derzeit eine Sonderrolle unter den Ölmärkten ein. Hier herrscht Hochkonjunktur.
Heizölhändler sind über Monate ausgebucht. Viele von ihnen haben sich temporär aus dem Internetgeschäft zurückgezogen, um nicht noch mehr Aufträge zu bekommen. Die Lage lässt derzeit sehr hohe Verdienstspannen zu. Mit wenigen Ausnahmen gibt es keinen triftigen Grund für Kunden, jetzt zu bestellen. Sobald der Nachfragesog abflaut und ein Teil der Aufträge aus den Orderbüchern verschwunden ist, werden die Heizölpreise wieder Kontakt zu den Weltmarktpreisen bekommen. Heizöl wird dann höchstwahrscheinlich billiger werden.
Unser Schwarm-O-Meter für Heizöl, das die Käufe der Kunden ins Verhältnis zu ihren Preisanfragen setzt, und die Lesereinschätzung zur Preisentwicklung zeigen die Befindlichkeit der Kunden entsprechend an. Das eine steht auf hohem Niveau für die Kaufintensität, das andere auf einem fast sozialistischen Mehrheitswert für die Erwartung an tiefere Heizölpreise.
Die Heizölpreistrends sind Mutmacher für die Spekulation auf fallende Preise. In fast allen Zeitbereichen werden Abwärtsaussichten dargestellt. Einzig in der kurzfristigen Ansicht zeigt der Einfluss des knappen Angebots im Binnenmarkt einen wechselbereiten Trend.
Das Tiefpreis-System zeigt nur im Westen der Republik ein Kaufsignal.
Unser Rat an alle Unentschlossenen lautet: Die günstigen Heizölpreise sind eindeutig Kaufpreise. Aber der Preisverfall ist wahrscheinlich noch nicht zu Ende. Die Spekulation auf weiteren Abgang dürfte sich auszahlen.
Seit einiger Zeit nehmen wir Missverständnisse der öffentlichen Meinung über die Zukunft der Ölheizung wahr. Deshalb möchten wir darauf hinweisen, dass das Heizen mit Öl durch den Gesetzgeber nicht verboten ist, weder jetzt noch in Zukunft und auch nicht ab 2026. Ab dem Jahr müssen neue Ölheizungen lediglich mit einem regenerativen Anteil ausgestattet sein, beispielsweise mit Solarkollektoren für die Erwärmung von Brauchwasser.
Im Übrigen sind wir der Meinung, dass wir alle verbrauchsreduzierende Maßnahmen und Verhaltensweisen entwickeln müssen, um zukunftsfähig zu sein.
Quelle: esyoil